Markus Klingelhöfer
20. Feb. 2023
Darf man eigentlich noch was zu ChatGPT schreiben? Oder ist der Hype schon vorbei? Ist ja immerhin schon zwei Wochen her! Anyway, machen wir trotzdem. Denn ChatGPT könnte ein Segen für die Markenkommunikation sein, da es genau so funktioniert, wie Markenkommunikation funktionieren sollte.
Vorneweg: Ich habe ChatGPT noch nicht selbst ausprobiert. War aber garnicht nötig, man kam in den vergangenen Wochen ja sowieso nicht um dieses Thema herum und konnte so auf diesem Wege einiges darüber erfahren. Jedenfalls war die Medienwelt arg aufgeregt: ChatGPT kann US-Juraexamen bestehen und Romane im Stile bestimmter Autoren schreiben. Denn das System arbeitet damit, dass es bestehende Texte und Schreib- / Sprachmuster lernt und diese mehr oder weniger gut neu anordnet. Echte kreative Leistung kann es aber (vorerst) nicht: Zum Beispiel mal ein neues Wort erfinden, einen Gedanken "weit herholen" oder einfach vom Hölzchen auf's Stöckchen kommen. Diese Eigenschaften braucht es, um echt kreative Romane und Texte zu schreiben, die dann vielleicht Pulitzerpreise oder Cannes-Rollen gewinnen.
Aber warum ist dann ChatGPT geeignet für die Markenkommunikation? Weil diese eben nicht „kreativ“ ist, sondern einen klaren Zweck erfüllen muss: Die Marke und ihre Identität transportieren. Marke basiert auf Codes, die durch Konsistenz für Wiedererkennung und Typik sorgen. Codes sind zum Beispiel Farben („Lila“ für Schokolade oder „Magenta“ für Telekommunikation“) oder Rituale („Fliegen“ für Energydrinks oder „Plöpp“ für Bier) und natürlich auch Sprache / Text („Pflege“ für Creme oder „Freude“ für Autos). Nur wenn in der Kommunikation bestimmte Begriffe, Themen, Bausteine immer wieder wiederholt werden, wird diese dadurch auf Dauer zu einer typischen Markenkommunikation. Das darf nicht stupide und starr ablaufen, sondern muss sich zielgruppen- und kanalspezifisch immer wieder erneuern. Und genau dieses Prinzip des intelligenten Variierens gelernter Muster beherrscht der Chatbot. ChatGPT lernt die Codes der Marke und baut sie immer wieder abwechslungsreich in die Markenkommunikation ein – vom Flyer bis zur Kampagne. Und der große Vorteil: Die Software ist nicht von der eigenen Arbeit gelangweilt (wie der Marketingmitarbeiter, der jetzt endlich mal was anders machen möchte) und strebt nicht nach Selbstverwirklichung (wie der Creative Director, der bei der neuen Campaign mal ganz freshe Töne anschlagen will). Die Software bleibt der Marke und ihrer Tonalität treu. So lange, bis sie aus strategischen Gründen neu justiert wird, da gerade die Marke aus eben diesen Gründen neu ausgerichtet wird.
Wird nun das Abendland untergehen und eine Entlassungswelle durch die Werbe- und Marketingabteilungen der Republik rollen? Unwahrscheinlich. Aber gegebenenfalls wird der eine oder andere seine „Kreativität“ an sinnvolleren Dingen als der Marke ausleben müssen. Aus Sicht der Marke kann ich der Entwicklung jedenfalls viel Positives abgewinnen.
Disclaimer: Dieser Text wurde ausnahmsweise nicht mit ChatGPT erstellt ;)