Markus Klingelhöfer
3. Mai 2022
BMW und Mercedes verkaufen ihre gemeinsame Car-Sharing Marke ShareNow – und damit den Glauben, dass sie auch was anderes können außer Autos bauen.
Bild und Nachricht: tageschau.de
Es ist immer etwas traurig, wenn eine Marke nicht gepflegt wird - besonders dann, wenn man sie selbst mal entwickelt hat!
Als wir vor einigen Jahren für die BMW Group die Marke DriveNow positioniert und im selben Zuge den Namen ShareNow (damals für den US-Markt) erfunden haben, war zum einen die Hoffnung groß, dass der etablierte und erfolgreiche Automobilkonzern aus München mit einem weiteren Angebot neben dem elektrischen BMW i die Herausforderungen "Nachhaltigkeit" und "Mobilität der Zukunft" ernsthaft und konsequent angeht. Zum anderen war aber aus Markensicht die viel größere Hoffnung, dass die BMW Group in ihrem Selbstverständnis das Industriezeitalter endlich hinter sich lässt und im Jahrhundert der Dienstleistungen, Services und Digitalisierung ankommt. Vor allem, da gerade Marken wie UBER oder neue Angebote wie Apple CarPlay zeigten, dass Automobilität mehr sein kann als eine großartige Ingenieursleistung und noch viel mehr Potenziale bietet, erfolgreich zu sein.
Doch die Fantasie (v.A. in den Chefetagen) reichte nicht, um diese Potenziale zu erkennen, das Geschäft wurde nur halbherzig betrieben. Das führte zur Zusammenlegung von DriveNow mit dem Mercedes-Benz Angebot Car2Go unter dem Dach ShareNow. Hier wurde klar, dass es beiden Unternehmen wahrscheinlich nie um die "Mobilität der Zukunft" oder gar "Nachhaltigkeit" ging, sondern um Gewinn. Und der kam nicht schnell genug.
Der jetzt erfolgte endgültige Verkauf an die italienische Stellantis Group ist eine Bakrotterklärung der Vorstellungskraft: Nämlich sich selbst zum Beispiel als Mobilitätsabieter zu verstehen, der Menschen mit Freude (oder Luxus oder Sicherheit oder Vorsprung durch Technik usw.) von A nach B bringt. Und zwar ganz unabhängig von fantasielosen Limitierungen wie Antrieb, Anzahl der Räder usw. Warum konnte man einen solchen Gedanken nicht weiter denken und die entsprechenden Angebote dafür entwickeln? Stattdessen die 180 Grad Wende in Richtung Steinzeit, mit tonnenschweren Blechkisten, die inzwischen zentnerschwere Batteriepakete im Unterboden spazierenfahren. Sofern sie nicht im Stau stehen.
Ja, Corona und Homeoffice war schwierig für die Car-Sharing Branche: Die Menschen haben sich weniger bewegt (Fun-Fact: Auch gekaufte Automobile wurden viele Millionen Kilometer weniger bewegt!). Aber ist das nicht eher eine Inspiration um über sein Geschäft und sein Selbstverständnis nachzudenken? So wie UBER, die mit UBER-Eats Essen ausliefern - ein Service, der zu Lockdown-Zeiten sehr gefragt war. Weil sich UBER eben nicht nur als Automobil-Verleiher versteht, sondern eine fantasievollere Vision seiner eigenen Marke hat. Und damit mehr Zukunftsfähigkeit.