top of page

Startups: Klare Vision oder nur "SSDD"?

Janett Schwerdtfeger, Markus Klingelhöfer

29. Juni 2022

Wir waren zu Gast bei der "Startup-Woche Düsseldorf". Unser Resumee: Schöne Events, gute Seminare und viele nette Leute … aber – für uns als Neugründer und Markenmenschen zumindest überraschend – eine auffällige Konformität bei den Gründern (Ja, richtig – nicht Gründer*innen!) und ihren Geschäftsideen. Warum mangelt es gerade bei Startups an Vielfalt?

Das Klischee schon mal vorab: Der Gründer im Jahr 2022 ist männlich, ca. 30 bis 35 Jahre alt und er trägt weiße Sneakers. Und er hat genau eine Geschäftsidee: Eine digitale Plattform. Ein Portal, einen Treffpunkt, zum Beispiel für Dienstleister / Produzenten / Künstler (you name it …) und solche, die Dienstleister / Produzenten / Künstler usw. suchen. Vereinfacht gesagt: Eine Plattform, welche Menschen, die was anbieten, mit Menschen, die genau das suchen, zusammenbringt. Wow!

Und wenn es keine Plattform ist – dann ist es just another Smoothie oder one more umweltfreundliches Reinigungsmittel, um die Welt zu verbessern …


Es liegt uns fern, diese Geschäftsideen zu kritisieren oder schlecht zu machen, stehen doch oft ausgefeilte Konzepte und engagierte und kompetente Menschen dahinter. Und ja, nachvollziehbar, vielversprechend und notwendig sind diese Konzepte alle auch. Aber die Häufung ähnlicher Ideen, die uns bei der Startup-Woche begegnet ist, ist auffällig. Sowie, dass diese anscheinend mehr aus einer nüchternen Profitbetrachtung, als aus einem wirklich identifizierten persönlichen Antrieb abgeleitet sind. Denn hat der Guave-Shot im Bambusglas oder die Finde-den-richtigen-Gärtner-Plattform den jungen MBA-Studenten wirklich so sehr in seinem Innersten bewegt, dass er das Produkt unbedingt der Welt offenbaren muss … naja …


Wir schreiben 2022: Wissen, Geld, Produktionskapazitäten und Ressourcen sind unbegrenzt verfügbar (OK, alle Ressourcen vielleicht jetzt gerade nicht). Alle Welt sucht nach dem eigenen Purpose und kommt dem eigenen Selbst in ausgiebigen Self-Empowerment-Morning-Routinen näher. Sollte dieser Glaube an das Individuum nicht eine bunte Vielfalt von Ideen und Lösungen generieren? Sollte das nicht jede*n motivieren, etwas Neues zu probieren? Eine Idee, die vielleicht so nur sie/er haben konnte?


Dennoch erzeugt die Gründerblase so viele selbstähnliche Gründer und Gründungsideen. Das fällt gerade in diesem Monat auf, in dem alle Regenbogen posten: Denn schon bei der Verteilung zwischen Männern und Frauen ist Schluss mit Diversität. So sind Frauen in der Gründerwelt erschreckend unterrepräsentiert. (Wer hierzu mehr lernen möchte, sollte den Female Founders Monitor lesen und/oder Dr. Kati Ernst, Gründerin von OOIA, folgen.)


Haben Frauen denn weniger Ideen als Männer? Haben Männer keine anderen Schuhe? Haben wir alle nicht genug Phantasie? Oder fehlt uns allen einfach nur der Mut, an uns selbst und das, was unser Kopf so ausspuckt, zu glauben? Warum nur vertrauen wir eher dem, was der Harvard Business Manager oder ähnliche Fachblätter so publizieren und setzen so wenig auf unsere eigenen Erfahrungen und Einschätzungen?


Was bleibt nach unserem Erstkontakt mit der Gründerszene ist eine etwas fade Ernüchterung: Die Startup-Welt ist auch nur ein weiterer Markt wie jeder andere – mit seinen eigenen Protagonisten, Peer Groups und Riten. Ein Versprechen für eine bunte Zukunft? Heute noch nicht.


Was wir uns wünschen, jetzt am letzten Tag dieses Juni 2022: Einzigartigkeit. Ist sie doch die notwendige Bedingung für Vielfalt. Und Gründer*innen mit Mut zur eigenen Phantasie (… und natürlich Mut zu bunten Schuhen).


Denn nur die Einzigartigkeit, die eigene Phantasie und unverwechselbare Persönlichkeit der Gründer*innen sind der Ursprung echter Markenstärke. Nur aus ihnen werden Marken, die wirklich für etwas stehen, sich substanziell und dauerhaft differenzieren. Eben solche Marken, die neue Farben und Facetten in unsere Welt bringen.


Insofern: Ein Hoch auf die vielleicht zunächst etwas weniger „fancy“ erscheinenden Ideen, die uns begegnet sind: Sei es der Ersatz für Zahnpasta, die Periodenunterwäsche, der Handwerker, der das Management seiner Kollegen verbessern will, die atmungsaktive Matratze, die Säuglinge vor dem Ersticken schützt.

… Mögen diese Ideen unsere Markenwelt bunter und ihre Gründer*innen erfolgreich machen!

bottom of page